„Das National-Denkmal auf dem Niederwald. Zum Andenken an die einmüthige siegreiche Erhebung des deutschen Volkes und die Wiederaufrichtung des deutschen Reiches. Nach dem Modell des Professor Johannes Schilling in Dresden.“ Aus der Zeitschrift Gartenlaube, Leipzig, 1874, Bilder 534 u. 535.

 

Rüdesheim. Mit einem rauschenden Festzug wurde vor fast 140 Jahren das Niederwalddenkmal eingeweiht. Was fast niemand weiß: Beinahe wäre das Fest am 28. September 1883 in einem Blutbad geendet. Ziel des bewaffneten Angriffs waren zahlreiche Fürsten, der Kronprinz und sogar Kaiser Wilhelm I.

Drahtzieher hinter dem missglückten Attentat war August Reinsdorf, der der Polizei als Anarchist bekannt war. Angreifen wollte er den kaiserlichen Hofzug. Wenn das Dynamit ausgereicht hätte… Und wenn der Zünder nicht zu feucht gewesen wäre, ja, dann wäre zu diesem Festakt wohl fast die gesamte monarchische Elite des Deutschen Reiches umgekommen. Der Kaiser und sein Nachfolger, weitere verwandte Fürsten und die parlamentarische Elite des Reichstags wären alle tot gewesen – auf einen Schlag. Wer hätte dieses politische Machtvakuum gefüllt?

Wer hätte das Deutsche Reich damals weiter regiert?

Interessant ist es, wenn Experten solche hypothetischen Fragen bis zum Ende durchdenken. Die Historikerin Prof. Dr. Sylvia Schraut überlegt in der neuesten Folge des Gerda-Henkel-Podcasts: Was wäre passiert, wenn der Anschlag von 1883 tatsächlich geklappt hätte? Reinhören in die Folge kann man hier. Mehr lesen zum Thema können Sie hier.

Mit diesen ersten, dezentral organisierten Schritten der deutschen Demokratie-Bewegung zwischen 1830 und 1900 beschäftigen sich bereits einige Gedenkorte am Mittelrhein – weitere sind in Planung. In Oestrich-Winkel soll eine Audio-Tour „Weg der Demokratie“ entstehen; der sog. „Hallgartenkreis“ um Adam von Itzstein in den 1830-40er Jahren gilt als eine von mehreren Keimzellen der liberal-demokratischen Frankfurter Nationalversammlung. In St. Goar denkt Stadtmanagerin Katrin Gloggengießer über eine Ferdinand-Freiligrath-Begegnungsstätte nach; der Lyriker und Demokrat wohnte 1842–44 in der Heerstraße 106. Die Region Mittelrhein beschäftigt sich also mit dieser frühen Phase der Demokratie. In einigen Jahren werden wir von Ort zu Ort fahren können, auf den Spuren der noch jungen Freiheitsbewegungen am Mittelrhein.