Vor fünf Jahren, am 15. Dezember 2017, lud die DroemerKnaur Verlagsgruppe zur Eröffnungsfeier ihres neuen Verlags, bene!, ins Kloster Altenberg bei Wetzlar ein. Die Autorin Dr. Barbara Fischer war dabei. 

 

Die alte Holztür schwingt auf und man steht im Hauptquartier des neuen bene! Verlags. Ein lichter Raum, an den Wänden farbstarke Aquarelle von Andreas Felger. Frische Blumen. Klaviermusik. Ein Poster mit bene!-Schriftzug. In wenigen Stunden wird hier die Eröffnungsfeier für den frisch gegründeten Buchverlag stattfinden.

 

Plötzlich steht der Verlagsleiter vor mir: Stefan Wiesner, der bene! gegründet hat. Legerer blauer Strickpullover, Jeans, das Haar unordentlich. „Ich bin noch nicht umgezogen“, entschuldigt er sich und lacht. Ein fester Händedruck, eine herzliche Begrüßung. Stefan Wiesner nimmt sich Zeit für das, was ihm wichtig ist: Er stellt die Anwesenden vor. Verknüpft Menschen mit Ideen. Erzählt von neuen Buchprojekten. Und er zeigt mir den Ort, den er sich als neues Hauptquartier für seinen Verlag ausgesucht hat.

 

Im Frühjahr 2018 wird das erste bene!-Programm mit drei Titeln erscheinen; im Herbst 2018 folgen acht weitere Bücher. Der Münchner DroemerKnaur Verlag und die Holtzbrink-Gruppe finanzieren Wiesners neues Projekt. Das Team sitzt nicht in München, sondern in einem stillen Ort nahe dem hessischen Wetzlar, im Klostergut Altenberg. Wenige Schritte entfernt liegt die mittelalterliche Klosterkirche mit dem Kreuzgang. Im Jahr 1251 hat Äbtissin Gertrud — die Tochter der heiligen Elisabeth von Thüringen — den Bau veranlasst. Um das gotische Gotteshaus gruppieren sich eine Handvoll weitere Gutshofgebäude aus dem 18. und 19. Jahrhundert, auf dem Bergrücken über dem Fluß.

 

bene! – das neue Verlagsteam 

Erst vor sechs Wochen seien sie ins Kloster Altenberg gezogen, erzählt der Verlagsleiter, als wir bei einem Teller Suppe in der winzigen Küche beisammensitzen. Sie, das sind Wiesner und seine persönliche Assistentin Gudrun Webel, die seit sieben Jahren „Ordnung ins kreative Chaos“ bringe. Während er, Stefan Wiesner, holzschnittartig arbeite, würde Gudrun Webel glätten, ausgleichen, mit klarem Blick Probleme lösen.

Im Dezember 2017 ist das Team auf 5 Leute angewachsen. Alle kennen sich vom adeo Verlag, wo sie bereits gemeinsam an Buchprojekten gearbeitet haben. Uwe Birnstein wirkt als Lektor. Christine Beitat ist verantwortlich für Texte, Buchgestaltung, Presse und Marketing. Darüber hinaus könne sie wunderbar singen und Gitarre spielen. Maike Michel sei eine Perle von Mensch: neugierig, niemals nachtragend und eine exzellente Gestalterin.

„Ein erstklassiges Team“, resümiert Stefan Wiesner, „genug, um einiges aus den Angeln zu heben.“

 

bene! – der gute Ort

Nach dem gemeinsamen Mittagessen schwärmen sie aus, die bene!-Teammitglieder, dekorieren, beschriften, erledigen letzte Aufgaben, bevor die Feierstunde beginnt. Auch sie sind begeistert vom neuen Gebäude, einem Fachwerkhaus, das seinen Ursprung im 18. Jahrhundert hat. „Schon am ersten Tag“, erzählt Pressereferentin Christine Beitat, „hatte ich das Gefühl: Ich bin angekommen.“

 

Zwei Stunden später haben sich um die 70 Autorinnen und Autoren eingefunden, ebenso der Vermieter der Räumlichkeiten, Johannes Graf Oppersdorf zu Solms-Braunfels mit seiner Frau, und geladene Gäste aus der Region. Die Geschäftsführung des DroemerKnaur Verlags ist aus München angereist.

 

Stefan Wiesner — inzwischen in Anzug und Krawatte — zeigt die einzelnen Büros, begrüßt neue Gäste, stellt sie einander vor, unermüdlich. Im großen Saal erheben wir unsere Gläser auf die Verlagsgründung. Einst befand sich hier die Klosterküche, später die Leica Foto-Akademie, nun ein idealer Raum für Konzerte und Lesungen. Schmale Rundpfeiler, ochsenblutrot gefärbte Wände, gotische Blumenornamente und Wappen erinnern an die Zeit, als hier Nonnen bekocht worden sind. Das bene!-Team hat den Raum mit Kerzen und Leuchtern weihnachtlich gestaltet. Am Bücherregal, lädt Stefan Wiesner ein, können wir in den Bildbänden stöbern und lesen.

 

„Man betritt dieses Haus und fühlt sich wohl“, sagt Dr. Joerg Pfuhl, Leiter der Holtzbrink Buchverlage Deutschland, zur Eröffnung. Die Geburt eines neuen Verlages sei und bleibe etwas Besonderes. „Das hier“, sagt er, „ist der Start zu etwas ganz Großem.“

 

„Wir Münchner Kollegen haben schon etwas neidisch auf dieses Gebäude geschaut“, ergänzt Bernhard Fetsch, Geschäftsführer von DroemerKnaur aus München. „Es ist ein sehr passendes Zuhause für unser neues bene!-Team, wie ich finde.“

Bücher, Kalender und Kunst zu erschaffen, die bei der „Sinnsuche“ helfen können — dies sei der verlegerische Auftrag von Stefan Wiesner, so Fetsch. Wir lebten „in einer ungeduldigen Zeit“, in der man „lebenstapfer“ sein müsse. Orientierung könne man den Menschen anbieten, durch Bücher. „So viel Schönes, Kostbares gehört dazu.“ Gemeinsam mit den bene!-Autorinnen und -Autoren könne der Verlagsleiter „Fenster und Türen aufstoßen – wie groß ist das?“

 

Photo: porochelt, see below

 

bene! — Inseln des Guten bilden 

„Dinge, die der Seele gut tun – das erhoffe ich mir von bene!“, wünscht sich auch die Theologin und Autorin Margot Käßmann. „Ich erhoffe mir berührende, poetische Texte. Aber auch Bücher, die Debatten auslösen.“

Die verunsicherten Menschen hätten eine große Sehnsucht nach Orientierung. Wie könne man diese Menschen erreichen? Für sie als Pfarrerin sei das ideale Medium natürlich die Predigt, betont sie. „Aber keine Angst, Stefan Wiesner“, schiebt sie hinterher, „gleich nach der Predigt kommt das Buch!“

 

Und immer wieder das Buch. Wenn fast 70 Autorinnen und Autoren zusammentreffen, drehen sich die Gespräche unweigerlich darum. Als eine Autorin von einem Konkurrenztitel erzählt, der bald erscheinen soll, hört Wiesner aufmerksam zu. Plötzlich bekräftigt er: „Ich glaube an den Erfolg unseres Buches.“

Stefan Wiesner nimmt sich Zeit. Wenn er mit jemandem im Gespräch ist, widmet er sich seinem Gegenüber mit ungeteilter Aufmerksamkeit. Kein Handyklingeln stört. Keine verstohlenen Blicke aufs Display. Er, der Verlagsleiter, macht sich die Mühe, seine Autoren regelmäßig zu Hause zu besuchen. Dies höre ich an diesem Nachmittag immer wieder. Die Autorinnen und Autoren sind beeindruckt, wie sehr Wiesner sich einlässt auf ihre Ideen. Wie er das Beste aus jedem Buchprojekt herausholen will.

 

Es sei mutig, noch einmal etwas ganz Neues aufzubauen, meint Margot Käßmann zur Verlagsgründung. „Ich bin mit Dir mitgegangen, weil Du einfach wunderbare Bücher machst“, sagt die bekannte Theologin an Stefan Wiesner gerichtet. Von der allerersten Idee bis hin zu abschließenden Fragen bei der Umschlaggestaltung würde Wiesner alles mit ihr besprechen — jedes Detail. Dies beeindrucke sie als Autorin. Wie Käßmann folgen viele der Autoren Stefan Wiesner aus anderen Verlagen zum neuen bene! Verlag.

 

Die Gründung sei zugleich ein Neuanfang und ein Fortschreiten. „Es wird vieles anders werden“, kündigt Wiesner an. „Ein Verlag muss sich immer wieder neu erfinden.“ Natürlich würde er das, was er gut könne, weitermachen. Doch dies könne er nicht allein. „Das Wesentliche sind“, betont Stefan Wiesner in seiner Eröffnungsrede, „gute Autoren und Künstler. Was wären wir ohne Euch?“

 

Ganz bewußt hätten sie auf den Namensschildern hinter dem Namen jedes Künstlers, jeder Autorin ein Ausrufezeichen gesetzt. Dieses Ausrufezeichen spiegelt sich im Verlagslogo wider. Und die Verbundenheit der Autorinnen und Autoren mit dem Verlagsgründer, mit den Teammitgliedern wird an diesem Nachmittag spürbar. Viele haben weite Wege auf sich genommen, um auf den Altenberg zu kommen. Aus Bornholm in Dänemark, Moritzburg bei Dresden, Augsburg, Krefeld, Hildesheim, Lüneburg, Koblenz und Wetzlar sind Autorinnen und Autoren angereist. An diesem Nachmittag kommen wir miteinander ins Gespräch. Gemeinsam genießen wir, was das bene!-Team für uns bereitet hat: Nahrung für Körper, Geist und Seele. Musiker Werner Hucks spielt Jazz und Werke von Johann Sebastian Bach auf der Gitarre. Pastor Jörg Contag führt interessierte Besucher durch die Kirche auf dem Altenberg, zeigt die Wandmalereien aus dem späten 13. Jahrhundert: den Christopherus, die Muttergottes, das Grabmal der Äbtissin Gertrud von 1334.

 

Photo: „Kloster Altenberg Fresko 02 Hl. Christopherus.JPG“ by Cherubino is licensed under CC BY-SA 3.0.

 

bene! — Nahrung für Körper, Geist und Seele 

Jahrhundertelang war dieses Kloster ein Ort der Barmherzigkeit. Auch heute noch werden hier benachteiligte Jugendliche in Hauswirtschaft ausgebildet; sie haben das Buffet im Wintergarten zubereitet. Einmal mehr führen die bene!-Verlagsleute Begegnungen herbei. Bevor wir nach Hause fahren, bekommen wir Plätzchen, auf denen das bene!-Logo gestempelt ist. Christine Beitat und Maike Michel haben diese gemeinsam gebacken; Stefan Wiesner hat mit seiner schwungvollen Schrift Augustinus- und Franz-von-Assisi-Zitate auf die braunen Packpapiertütchen notiert. Einmal mehr spiegelt sich die Liebe zum Detail, die allen bene!-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zueigen ist.

 

„Inmitten dieses Mangels an Zuversicht, an Gelassenheit, aber auch an Liebe wollen wir ‘Inseln des Guten’ bilden“, betont Stefan Wiesner immer wieder. Wer den Verlagsgründer und das neue bene!-Team an diesem Nachmittag im Klostergut erlebt hat, ahnt: Das Kloster auf dem Altenberg wird ein ideales Hauptquartier für diese Verlagsleute sein. Hier, auf einem stillen Berg über dem Fluß Lahn, in der einladenden Atmosphäre der alten Gebäude werden diese fünf Menschen Buchkonzepte erdenken, an Texten feilen, Schönes erschaffen.

Von diesem Ort, in dem schon fast tausend Jahren lang geistliches Leben gelebt wird, werden die bene!-Buchideen ausstrahlen in die Welt. Diese fünf Menschen werden Begegnungen fördern, damit neue Ideen geboren werden.

Sie werden Menschen zusammenbringen.

Lange Gespräche führen.

Auf Details achten.

Sich Zeit nehmen.

„Die Startbedingungen könnten nicht besser sein“, sagt Stefan Wiesner.

Dann lächelt er: „Es muss gut werden.“

 

All Photos: „2019 Duitsland 1836 Kloster Altenberg“ by porochelt are licensed under CC BY-NC-ND 2.0.